Künstlerische Interaktion zur Ausstellung Myth of the sea

Sedna. Sedna ist der bekannteste Name einer Meeresgöttin der Eskimo. Sie wird in Grönland, Sibirien und Kanada gleichermaßen gefürchtet und verehrt. Sedna kann man mit „Die da unten im Meer“ übersetzen. Sie wird auch als Herrin der Tiefe bezeichnet, als „Alte Frau des Meeres“, „Das majestätische Weib“, “Mutter aller Meeresgeschöpfe“ und sogar „Liebe Frau“, was schon sehr christlich klingt. Sedna bestimmt, welche und wie viele Tiere gefangen werden dürfen. Wer gegen ihre Gesetze verstößt, wird in die Tiefe gezogen.

Der Mythos der Sedna erzählt von einem wunderschönen, aber eitlen Mädchen, dass mit keinem Ehemann einverstanden ist. (So ähnlich wie bei uns König Drosselbart.) Als ihr Vater sie dann gegen ihren Willen verheiratet, stellt sich heraus, dass der Ehemann ein Rabe ist und die arme Sedna auf Felsen am Meer wohnen muss. Sie ruft den Vater um Hilfe. Er kommt auch, um sie in seinem Kanu wieder mitzunehmen. Da verursacht der Rabe allerdings einen gewaltigen Sturm, indem er mit seinen Flügeln schlägt. Der Vater bekommt Angst und will Sedna ins Meer werfen. Sie klammert sich an das Boot und der Vater schlägt ihr so lange mit dem Paddel auf die Hand, bis ihre Finger abfallen. (Deshalb hat Sedna in Abbildungen oft keine Finger.) Von dem Vater und der Welt verdammt sinkt Sedna also an den Meeresgrund. Dort ist aber nicht nur ein mahnendes Beispiel, sondern vor allem eine mächtige, zornige Göttin. Sie bestraft Tabuverletzungen wie Überfischung, und das Töten geschützter Tiere. Diese setzen sich als Unrat in ihren Haaren fest. Von Zeit zu Zeit müssen Schamanen zu ihr gehen und ihre Haare kämmen. Das entfernt die bösen Taten und beruhigt sie. Sedna beobachtet die Menschen von ihrem Thron am Meeresgrund und sammelt alle Vergehen. Wenn es zu viel wird, braust sie auf.

Rohling im zerbrochenen Tonkrug. H ca. 40cm, Haare aus Seetang und Otterrippen. Sedna sitzt in einem Krug, der mit Strandsand und Muscheln gefüllt ist.

Die beruhigte Meeresgöttin Sedna. Der Thron ist aus ihren gekämmten Wellenhaaren geformt. In dem glatten Haarturm sammelt sie von Neuem die verbotenen Taten der Menschen. Mit der erzählerischen figürlichen Darstellung einer Meergottheit aus „(Wasser)Jägergesellschaften“, möchte ich unser liebliches Seejungfrauenbild der Sagen- und Märchenepoche vom 18. Bis 20. Jahrhundert um den existentiellen Naturaspekt erweitern. Rohling

Mami Wata. Die dritte Figur zeigt eine schlangenähnliche Gestalt. Ein Art Mittelding zwischen Meerweib und Meerschlange. Der Name kommt von afrikanischen Wassergeistern, die auch in der Karibik verehrt werden. Sie sind wie die meisten Wassergottheiten sowohl lebenspendend als auch todbringend, vergleichbar mit den Sirenen der griechischen Mythologie. Weil die Mami Wata eher als Wassergeister zu Ritualen und Zauber angerufen werden, und weil sie in Afrika sehr häufig in Schlangengestalt dargestellt werden oder als Frauen mit Schlangen um den Körper, habe ich die lange Form aus einem Kupferblech gewählt. Die Figur ist entsprechend ihrer Funktion abstrahiert, aber am Ende mit etwas Fantasie auch typisch nixenhaft fischschwänzig. Es gibt die Vermutung, dass Mami Wata auf die Gestalt afrikanischer Seekühe (Manati) zurückgehen, aber auch, dass Meerjungfrauen, die als Galionsfiguren am Bug von Schiffen europäischer Seefahrer angebracht waren, die afrikanischen Vorstellungen geprägt haben könnten.

Zu den Seefahrern, die von ihren Begegnungen mit Meerjungfrauen berichtet haben, ist der ironische Kommentar eine Installation aus Ken (Hintergrundfolie für Barbie), einer Bootsform aus Terrakotta und einem Spiegel mit Zeichnung. Die Inszenierung ist in einer Überschwemmung fotografiert. Es ist ein bisschen Seefahrt (Boot/Wasser), etwas Eitelkeit/Narziss (Ken/Spiegel) und die Seejungfrau (Zeichnung), die natürlich immer den Betrachter und seine Vorstellungswelt spiegelt. Das Existentielle des Untergangs, der die Begegnung mit Meergöttinnen begleitet, ist hier verniedlicht. Die Meeresgöttin als Seejungfrau.